Wie im letzten Artikel erklärt, können Unternehmen durch Early Scanning ihre Prozesse optimieren und somit Zeit und Geld einsparen. Nebst der Entscheidung, Early oder Late Scanning zu verwenden, also wann gescannt wird, besteht zusätzlich noch die Frage, ob zentral oder dezentral gescannt werden soll. Da Unternehmen meist eine grosse Menge an Dokumenten verarbeiten müssen, ist dies eine sehr wichtige Entscheidung und beide Optionen haben so ihre Vor- und Nachteile. Deswegen ist dies keineswegs eine einfache Entscheidung und bedarf einer genauen Abwägung der jeweiligen Umstände und Bedürfnisse. Was genau dezentrales Scanning vom zentralen Scanning unterscheidet und welche Vor- und Nachteile die beiden Varianten haben, versuche ich nachstehend zu verdeutlichen.
Zentrales Scanning: Zentralisierung der Abwicklung häufig durchgeführter Prozesse
Zentrales Scanning kommt meist dann zum Zug, wenn ein Unternehmen einen Prozess häufig durchführt. Die Kreditorenbuchhaltung wäre ein gutes Beispiel dafür. Je nach Branche gibt es auch spezifische Prozesse. Bei einem Versicherungsunternehmen könnte dies etwa die Bearbeitung von Ansprüchen sein. Beim zentralen Scanning wird nun für häufig durchgeführte Prozesse jeweils ein eigenes Postfach und eine eigene E-Mail erstellt. Alle Rechnungen werden in diesem Fall von den Geschäftspartnern nur noch an diese eine Postadresse oder die vorgegebene E-Mail gesendet. Beim Versicherungsbeispiel sind dies alle Versicherungsansprüche, die an ein zentrales Postfach geschickt werden. Nach Eingang der Dokumente werden diese dann jeweils zentral bearbeitet und der ganze Prozess wird an diesem zentralen Standort abgewickelt.
Das zentrale Scanning hat einige Vor- und Nachteile. Zum einen macht die Anschaffung von teureren Geräten Sinn, da ein hohes Volumen an Dokumenten gescannt und verarbeitet wird. Ein grosser Scanner oder sogar eine Scannstrasse sowie eine automatische Postöffnungsmaschine können dann durchaus wirtschaftliche Investitionen sein. Beim zentralen Scanning wird also für die häufigsten Prozesse ein eigenes Service Center eingerichtet, das nichts anderes macht, als zu scannen. Mithilfe dieser Maschinen kann natürlich auch eine deutlich höhere Produktivität erreicht werden als beim dezentralen Scanning. Zusätzlich kann dediziertes Personal ausgebildet werden, dass sich nur auf das Scanning fokussiert. Das kann sich wiederum in einer Effizienzsteigerung bemerkbar machen und somit auch Kostenvorteile bringen.
Ein Nachteil des zentralen Scannings ist ein gewisser Verlust an Flexibilität. Dokumente müssen immer erst an das zentrale Postfach gesendet oder gemailt werden, um es dort digitalisieren zu lassen. Ein Mitarbeiter, der von einem Kunden ein Dokument erhält, kann dieses dann nicht einfach in der Filiale vor Ort scannen, sondern muss es an die zentrale Stelle schicken. Es braucht also mehr Zeit, was Flexibilität limitieren kann. Zentrale Postfächer können zudem dazu führen, dass eventuell einmal ein Tag in der Postzustellung verloren geht.
Dezentrales Scanning: Vorteile durch Schnelligkeit
Beim dezentralen Scanning werden, wie es der Namen vermuten lässt, die Dokumente dezentral gescannt. Das heisst, es gibt keine zentralen Service Centers mit Maschinen, die auf grosses Volumen ausgelegt sind. Vielmehr werden viele kleinere Scanner benutzt und für deren Bedienung gibt es auch kein dediziertes Personal. Die Dokumente gehen bei allen Filialen ein und werden von diesen auch bearbeitet. Statt den speziell geschulten Arbeitskräften werden die Scanner von vielen kleinen Teams bedient.
Ein Vorteil des dezentralen Scannings ist die Geschwindigkeit. Die Dokumente können gleich vor Ort gescannt und müssen nicht zuerst an eine zentrale Poststelle weitergeleitet werden. Oftmals werden zu diesem Zweck Tischscanner oder kleinere Multifunktionsgeräte benutzt. Dokumente können nach dieser Methodik wesentlich schneller in einem System bereitgestellt und weiterverarbeitet werden.
Ein weiterer Vorteil für international agierende Unternehmen oder auch für Schweizer Unternehmen kann die Unabhängigkeit von der Sprachregion sein. Wenn etwa das zentrale Service Center in einem französischsprachigen Gebiet ist und eine Filiale in einem deutschsprachigen Gebiet, muss es mindestens jeweils ein Mitarbeiter im zentralen Service Center haben, der beide Sprachen spricht.
Goldene Mitte als die häufigste Lösung
Die meisten Unternehmen nutzen eine Mischform aus zentralem und dezentralem Scanning. Die spezifischen Prozesse, die ein grosses Volumen haben wie beispielsweise die Rechnungsverarbeitung oder Kernprozesse bestimmter Unternehmen, werden dann zentral abgewickelt an einem einzigen Standort. Bei eher kleineren Prozessen wird oft Schnelligkeit bevorzugt und zudem ist das Volumen nicht gross genug für die Anschaffung von teuren Maschinen. Mitarbeiter müssen oft in der Lage sein, ein Dokument einzuscannen und es dann 30 Sekunden später im System zu haben. Deshalb macht es bei den Prozessen, wo Schnelligkeit an vorderster Stelle steht, Sinn, diese dezentral abzuwickeln. Diese Überlegungen sind wichtig und sollten erst gut durchdacht werden, bevor man den Posteingang des Unternehmens digitalisiert.
Das Early und das Late Scanning können sowohl bei zentralem als auch bei dezentralem Scanning gemacht werden. Hier hat das Early Scanning aber klar die Nase vorn und bietet wesentlich mehr Vorteile.
Was ich Ihnen aber auch noch mitgeben möchte, ist, dass für die Datenextraktion mit Machine Learning-basierter Software es keine Rolle spielt, ob zentral oder dezentral gescannt wird. Hauptsache der Scan erfüllt die Qualitätsanforderungen für eine erfolgreiche Extraktion und wird über eine Schnittstelle weitergeleitet. Wie richtig gescannt wird und was ein guter Scan ausmacht, folgt in einem weiteren Artikel.